Sturzflut

Der Himmel hatte sich in eine düstere, brodelnde Masse verwandelt, die Blitze in unregelmäßigen Abständen auf den Schwarzwald herabzucken ließ. Ein unbarmherziger Sturm war über die Region gezogen, und die Wolken schienen ihren gesamten Zorn über der ASTROCOHORS Solar Basis auszuschütten. Das Donnern der Blitze wurde nur vom tosenden Regen übertroffen, der in Strömen auf die Erde niederprasselte.

Innerhalb der Basis herrschte hektische Betriebsamkeit. Alarmlichter blinkten rot, und die Lautsprecher gaben in regelmäßigen Abständen Warnmeldungen aus. Kommandantin Anna Weidel, die Feuerwehrkommandantin, stand zusammen mit den Technikern Mira Schneider und Paul Richter im Kontrollraum, während die Wassermassen drohten, das Gelände zu überfluten.

„Der Fluss ist schon über die Ufer getreten“, meldete einer der Offiziere am Monitor. „Die Wassersensoren zeigen, dass der Pegel weiter steigt. Wenn wir nichts unternehmen, wird das Wasser in weniger als einer Stunde die unteren Ebenen der Basis erreichen.“

„Verdammt“, fluchte Anna, die sich gerade erst von den Strapazen des Waldbrands erholt hatte. „Wir müssen die Schleusen schließen und die Pumpen aktivieren. Paul, kannst du das System hier überbrücken, um mehr Leistung herauszuholen?“

Paul nickte und eilte zu einem der Kontrollpulte, wo er begann, die Einstellungen der Pumpen zu optimieren. „Ich kann die Kapazität erhöhen, aber das wird nicht ausreichen, wenn der Pegel weiter steigt. Wir brauchen einen Plan B.“

Mira, die die letzten Wetterberichte auf einem anderen Monitor durchgesehen hatte, trat an die Gruppe heran. „Wir müssen das Wasser umleiten. Wenn wir es schaffen, den Flusslauf provisorisch zu ändern, könnten wir das Schlimmste abwenden.“

„Aber wie?“, fragte ein Offizier, der nervös auf den Bildschirm starrte, wo die Wassermassen in Echtzeit dargestellt wurden. „Wir haben keine Zeit, einen Damm zu bauen.“

Mira sah sich im Raum um und ihre Augen blieben auf den großen Frachtcontainern hängen, die am Rand des Basishofs gestapelt waren. „Diese Container“, sagte sie, „wir könnten sie als Barriere nutzen, um das Wasser umzuleiten. Es muss nicht perfekt sein, nur genug, um das Wasser vom Basiseingang wegzuführen.“

Anna dachte einen Moment nach und nickte dann entschlossen. „Das könnte funktionieren. Los, wir haben keine Zeit zu verlieren!“

Gemeinsam rannten sie hinaus in den peitschenden Regen. Der Wind heulte um die Gebäude, und die Sicht war durch den dichten Regen fast auf null reduziert. Trotzdem arbeiteten sie unermüdlich weiter. Paul und einige andere Offiziere begannen, die schweren Frachtcontainer mit einem Gabelstapler und purem Körpereinsatz zu bewegen, während Anna und Mira die besten Stellen für die provisorische Barriere identifizierten.

„Hier!“, rief Mira und deutete auf eine Stelle, wo das Wasser bereits über die Zufahrtsstraße floss. „Wenn wir die Container hier platzieren, können wir den Fluss seitlich ableiten, weg von der Basis.“

Der Plan war einfach, aber er musste schnell umgesetzt werden. Der Regen wurde immer stärker, und das Rauschen des Wassers war ohrenbetäubend. Die Feuerwehrleute und Techniker kämpften gegen die Naturgewalten an, ihre Kleidung durchnässt, ihre Hände von der Kälte taub. Doch sie ließen nicht nach.

Mit vereinten Kräften schoben sie die Container in Position und schichteten sie so auf, dass sie eine provisorische Mauer bildeten. Paul kletterte auf einen der Container und befestigte die oberen Schichten mit Stahlseilen, um sicherzustellen, dass sie dem Druck standhalten würden.

„Das muss reichen“, keuchte Paul, als er vom Container sprang. „Wir haben alles getan, was wir konnten.“

Anna nickte und sah besorgt zu, wie das Wasser gegen die Containerwand drückte. Die Barriere hielt – zumindest vorerst. Doch es war unklar, ob sie stark genug war, um den weiterhin steigenden Wassermassen standzuhalten.

„Jetzt bleibt uns nur noch, die Pumpen auf Hochtouren laufen zu lassen und zu hoffen, dass der Regen bald nachlässt“, sagte Anna und wischte sich das Wasser aus dem Gesicht. Ihre Erschöpfung war allen ins Gesicht geschrieben, doch es gab keinen Raum für Aufgeben.

Sie eilten zurück in die Basis, wo die Pumpen mit voller Leistung arbeiteten. Die Monitore zeigten, dass das Wasser bereits an mehreren Stellen gefährlich nahe an die unteren Ebenen herangekommen war. Doch die Barriere hielt das Schlimmste ab, und das Wasser, das noch eindrang, konnte von den Pumpen bewältigt werden.

Im Kontrollraum verfolgten sie gespannt die Pegelanzeigen, während die Zeit quälend langsam verstrich. Jede Minute fühlte sich wie eine Ewigkeit an, aber allmählich schien der Regen nachzulassen. Die Wasserstände stabilisierten sich und begannen schließlich, ganz allmählich, zu sinken.

„Wir haben es geschafft“, flüsterte Mira, als sie den Rückgang der Pegel bemerkte.

„Ja“, sagte Anna mit einem schwachen Lächeln, „aber das war knapp.“

Paul lehnte sich erschöpft gegen die Wand und ließ sich auf den Boden sinken. „Das war der Wahnsinn. Erst das Feuer, jetzt das Wasser… Was kommt als nächstes? Ein Erdbeben?“

Mira lachte leise und setzte sich neben ihn. „Ich hoffe, das bleibt uns erspart.“

Die Anspannung wich langsam aus ihren Körpern, und die Erschöpfung machte sich breit. Sie hatten die Basis gerettet, aber der Preis war hoch gewesen. Jeder von ihnen war bis an seine Grenzen gegangen, körperlich und geistig.

Anna sah aus dem Fenster auf den durchweichten Wald hinaus. Die Bäume standen unter dem Gewicht des Wassers schwer da, doch der Sturm hatte nachgelassen. Für heute waren sie sicher.

„Wir müssen die Schäden begutachten und die Barriere verstärken, falls der Regen wieder einsetzt“, sagte Anna schließlich. „Aber zuerst… sollten wir uns ausruhen.“

Die anderen nickten zustimmend. Sie hatten alles getan, was in ihrer Macht stand, um die Basis zu schützen. Und obwohl sie wüssten, dass die Herausforderungen nicht weniger werden würden, hatten sie zumindest heute bewiesen, dass sie ihnen gewachsen waren.

Der Sturm war vorüber, und während die Wolken langsam aufrissen und das Licht des frühen Morgens hindurchdrang, legte sich eine seltsame Ruhe über die ASTROCOHORS Solar Basis. Der Kampf gegen die Natur war vorüber – zumindest für den Moment.

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