So soll von diesem Moment an ein neues Manifest gelten für all jene Bewohner des Planeten Erde, die sich den Zielen von ASTROCOHORS, ASTROCOHORS SOLAR und dem ASTROCOHORS CLUB anschließen wollen:
Willkommen beim ASTROCOHORS CLUB, einer Website, die sich einer wichtigen Mission verschrieben hat: Menschen zu inspirieren und zu vereinen, um die Herausforderungen unserer Zukunft anzugehen. Wir glauben, dass die Zukunft Handeln erfordert und Handeln Einigkeit erfordert. Gemeinsam haben wir die kollektive Macht, eine Welt zu gestalten, in der sowohl die Menschen als auch der Planet gedeihen. Unsere Website ist ein Knotenpunkt, ein Think Tank und ein Sammelpunkt für Einzelpersonen, Gemeinschaften und Organisationen, die sich den drängenden Herausforderungen von heute stellen, damit wir eine bessere Zukunft schaffen können.
Unsere Herausforderungen
Die Zukunft konfrontiert uns mit dringenden, miteinander verbundenen Herausforderungen. Jedes dieser Probleme wirkt sich auf unser Leben, unsere Gemeinschaften und das Erbe aus, das wir zukünftigen Generationen hinterlassen werden. Unter diesen Herausforderungen konzentrieren wir uns auf:
Klimawandel und Umweltzerstörung
Die Wissenschaft ist eindeutig und die Auswirkungen sind unbestreitbar: Die Ökosysteme unseres Planeten leiden und unser Klima verändert sich mit alarmierender Geschwindigkeit. Wenn wir nicht entschlossen handeln, riskieren wir irreversible Schäden an den lebenserhaltenden Systemen unseres Planeten. Der Klimawandel ist nicht nur ein Umweltproblem, sondern auch ein soziales, da er marginalisierte Gemeinschaften überproportional betrifft, die globale Stabilität untergräbt und die Artenvielfalt bedroht. Unsere Website bringt Menschen zusammen, um den Klimawandel durch gemeinsames Wissen, Innovation und Handeln zu verstehen, anzugehen und abzumildern.
Wirtschaftliche Ungleichheit und soziale Gerechtigkeit
Die wirtschaftliche Ungleichheit nimmt sowohl innerhalb als auch zwischen Ländern zu und schafft eine Welt, in der der Zugang zu Grundbedürfnissen und Chancen ungleich verteilt ist. Ungleichheit schürt soziale Unruhen, behindert den Fortschritt und erschwert die Bewältigung kollektiver Herausforderungen. Wir glauben an die Macht der Gemeinschaften, gerechtere Wirtschaftssysteme aufzubauen, die für alle funktionieren. Indem wir Lösungen für wirtschaftliche Ungleichheit erforschen und Initiativen unterstützen, die Gerechtigkeit und Gleichheit fördern, können wir eine gerechtere Welt schaffen, in der jeder eine Chance hat, erfolgreich zu sein.
Technologischer Wandel und ethische Innovation
Die Technologie schreitet in beispiellosem Tempo voran und prägt jeden Aspekt unseres Lebens, von der Art und Weise, wie wir kommunizieren, bis hin zu der Art und Weise, wie wir arbeiten und lernen. Während Technologie enorme Chancen bietet, bringt sie auch ethische Herausforderungen mit sich, die unsere Aufmerksamkeit erfordern. Der Missbrauch von KI, Bedrohungen der Privatsphäre, die Auswirkungen der Automatisierung auf Arbeitsplätze und die digitale Kluft sind Probleme, die wir angehen müssen, wenn wir eine verantwortungsvolle und integrative digitale Zukunft schaffen wollen. Diese Website wird eine Plattform für Diskussionen über ethische Innovation und verantwortungsvolle technische Praktiken sein, bei denen das menschliche Wohlbefinden im Vordergrund steht.
Globale Gesundheit und Wohlbefinden
Gesundheitskrisen, von Pandemien bis hin zu psychischen Problemen, haben die Notwendigkeit robuster und gerechter Gesundheitssysteme hervorgehoben. Wir brauchen Lösungen, die die körperliche und geistige Gesundheit unterstützen und eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung für alle zugänglich machen, unabhängig von Einkommen oder Standort. Unsere Website wird Initiativen unterstützen, die die globale Gesundheit fördern, Erkenntnisse zur Verbesserung öffentlicher Gesundheitssysteme teilen und die strukturellen Faktoren angehen, die sich weltweit auf die Gesundheitsergebnisse auswirken.
Unsere Mission
Das Manifest des ASTROCOHORS Clubs ist ein Aufruf zum Handeln. Wir sind hier, um den Dialog zu fördern, Wissen zu teilen und Initiativen zu unterstützen, die diese komplexen Probleme angehen wollen. Diese Website ist mehr als nur eine Informationsquelle; sie ist eine Community, die sich verpflichtet hat:
Aufklärung – Bereitstellung aktueller Informationen, Forschungsergebnisse und Ressourcen zu diesen kritischen Themen.
Zusammenarbeit – Möglichkeiten für Einzelpersonen und Organisationen schaffen, an sinnvollen Projekten zusammenzuarbeiten.
Befähigung – unsere Leser mit praktischen Werkzeugen und Strategien ausstatten, um einen positiven Einfluss auf ihre Gemeinschaften auszuüben.
Unser Ziel
Unser Ziel ist es, als Katalysator für Veränderungen zu dienen. Wir sind hier, um zum Denken anzuregen, Innovationen anzustoßen und Sie zu befähigen, etwas zu bewegen. Diese Website ist eine Erinnerung daran, dass die Lösungen für unsere gemeinsamen Herausforderungen in jedem von uns liegen. Wenn wir zusammenkommen, sind wir eine starke Kraft für Veränderungen.
Lassen Sie uns gemeinsam der Zukunft entgegentreten. Lassen Sie uns eine Welt aufbauen, in der jeder die Möglichkeit hat, zu gedeihen, in der unser Planet geschützt ist und in der die Technologie der Menschheit verantwortungsvoll dient. Werden Sie Mitglied im ASTROCOHORS CLUB, wo wir heute für ein besseres Morgen aktiv werden.
Lassen Sie uns alle positiven Stimmen zusammenbringen!
Admiralin Jocelyn J. Piquet legte ihren Finger auf die Berührfläche ihres Schreibtischs. Routine. Eine Bestätigung über ihren Fingerabdruck, dass die Tür ihres Büros auf der Raumstation SKYTOWN geöffnet werden sollte. Es hatte geläutet, jemand stand vor der Tür und begehrte Einlass. Piquet hatte sich durch einen Blick auf den Überwachungsmonitor vergewissert, wer es war. Jetzt erhob sie sich von ihrem Sitz und kam hinter ihrem massiven Schreibtisch hervor, während die mechanische Tür auseinanderglitt. Ein Mann, der wohl etwas über sechzig Jahre alt sein durfte, mit grauen, kurz gehaltenen Haaren, kam freundlich lächelnd herein. Er trug seine Galauniform.
„Oh“, sagte Piquet, „gleich so förmlich?“
„Die Nachricht besagte, es wird offiziell“, gab der Mann zurück. Ein Offizier der Raumflotte hätte erkannt, dass er die Insignien eines Kapitäns trug, zusammen mit einer Medaille. Die Medaille war ihm für besondere Leistungen verliehen worden. Aber das schien eine Ewigkeit her zu sein.
„Ich weiß“, gab Piquet zurück. „Ich habe sie persönlich verfasst. Ich muss auch gleich entschuldigen“, fuhr sie fort, während der Mann den Raum betrat und sich die automatische Tür hinter ihm schloss, „dass wir keine Möglichkeit haben, die offizielle Form einzuhalten. Aber ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel.“
Die Türklingel ging. „Erwarten Sie noch einen Gast?“, fragte der Mann.
„Ja.“ Die Admiralin ging zurück an ihrem Schreibtisch und betätigte die Türöffnung. Jeff Holland stand davor und blickte verdutzt.
„Ich hätte jetzt einen Wachposten erwartet“, sagte er. „Ich dachte, es wird offiziell.“
„Wird es auch“, bestätigte Piquet. „Kommen Sie herein!“
Holland kam herein und baute sich neben dem Kapitän auf. Derselbe kam Holland irgendwoher bekannt vor, aber er konnte es nicht genau sagen.
„Commander Holland“, sagte Piquet, „Sie kennen Captain Jonathan Bogenschütz?“
„Bogenschütz!“, entfuhr es Holland. „Jetzt! Sie waren an Bord der POCHTLI, nach der… Affaire… richtig?“
Bogenschütz grinste und streckte Holland die Hand hin. „Freut mich, Commander, dass man mich nicht vergessen hat“, sagte er. „Holland, hm? Sie haben viel für die Flotte und den ASTROCOHORS CLUB getan, habe ich gehört.“
„Es wundert mich, dass Sie überhaupt von mir gehört haben“, gab Holland zurück. „Ich habe das Gefühl, dass ich mich seit zehn Jahren nicht mehr vorwärtsbewege. Viele Dinge wurden entdeckt, aber bisher so gut wie nichts aufgedeckt.“
„Aber Sie sind hartnäckig“, meinte der Captain. „Das gefällt mir!“
„Gentlemen“, unterbrach Piquet, „es liegt mir fern, Ihre kleine Plauderei abzuwürgen, aber wir haben eine Pflicht zu erledigen.“
„Oh ja, sorry“, sagte Bogenschütz, „worum geht es?“
„Sie haben beide mitbekommen, dass der ASTROCOHORS CLUB derzeit führerlos ist?“
Die beiden Männer nickten. „Allerdings wurde nie so wirklich rausgelassen, warum Yefimov so plötzlich hingeworfen hat“, stellte Holland fest.
„Das wird auch einige Zeit so bleiben“, stellte die Admiralin fest. „Ich versuche mal eine Metapher. Kennen Sie die Geschichte von Herrn Turtur?“
Holland und Bogenschütz sahen sich gegenseitig fragend an. „Meinen Sie den aus ‚Jim Knopf‘?“, fragte Holland schließlich.
„Genau den. Sie sehen so aus, als wären Sie nicht mit ihm vertraut, Captain?“
Bogenschütz schüttelte den Kopf.
„Dann hören Sie zu“, erzählte Piquet. „In der Geschichte von Jim Knopf und Lukas dem Lokomotivführer sind die beiden in der Wüste unterwegs und treffen auf einen Riesen. Jim will fliehen, weil er Angst hat, aber Lukas fällt etwas auf. Der Riese ruft ihnen nämlich etwas zu, ist aber kaum zu verstehen. Und bei der Größe, die er hat, müsste seine Stimme eigentlich laut klingen, wie ein Donnerwetter. Also lassen sie den Riesen, der Herr Turtur heißt, näherkommen. Und beim Näherkommen bemerken sie etwas sehr Merkwürdiges: Herr Turtur wird nämlich immer kleiner, je näher er den beiden ist. Als er sie erreicht, ist er sogar noch kleiner als Lukas. Herr Turtur ist ein Scheinriese, erklärt er. Würde ein normaler Mensch aufstehen und weggehen, würde er für die Leute, die zurückbleiben, immer kleiner und kleiner werden. Bei Herrn Turtur ist das umgekehrt.“
„Und das soll uns jetzt genau… was sagen?“, wollte Holland wissen.
„Ich kannte Yefimov lange Zeit, doch erst als ich in die oberen Ränge aufgestiegen bin, habe ich eng mit ihm zusammengearbeitet“, erklärte sie. „Er hatte eine großartige Reputation, das wusste ich vorher. Aber um einen Scheinriesen zu erkennen, muss man sehr nahe an ihm dran sein. Und mehr kann und möchte ich nicht sagen.“
Die beiden Herren nickten wissend.
„Und wie dem auch sei“, fuhr sie fort, „jetzt sind wir hier. Noch dazu an diesem Tag.“
Jeff zog die Stirn kraus. „Was ist denn mit diesem Tag?“
„Dass ausgerechnet Sie diese Frage stellen?“, gab Piquet zurück. „Ich sehe Ihnen deutlich an, dass der Groschen schon gefallen ist.“
Der Commander öffnete den Mund. Es dauerte aber einen Moment, bis sich ein Wort über seine Lippen traute: „Fina… Serafina?“
„Genau!“
„Schon, dass in dem Raum alle besser Bescheid wissen als ich“, beklagte sich Bogenschütz. „Erst der Scheinriese, jetzt diese Serafina… klärt mich jemand auf?“
„Erzählen Sie’s ihm“, forderte Piquet.
Jeff begann, eine tragische Geschichte zu erzählen, die sich nunmehr zum zwanzigsten Mal jährte. Er selbst hielt es für nicht groß genug, dass sich jemand anderes daran erinnerte. An dem Tag war der Geburtstag einer jungen Offizierin gewesen, der dreißigste. Ihr Name war Serafina Branca gewesen. Bogenschütz fiel auf, dass Holland bei der Erzählung von ihr in der Vergangenheit sprach, was ihn vermuten ließ, dass die Geschichte auf ein trauriges Ende hinauslaufen würde. Damals, im Jahr 3038 galaktischer Zeitrechnung, war Holland selbst noch junger Lieutenant. Er hatte Fina, so wurde sie von den engsten Freunden genannt, als er für eine Mission auf dem Planeten Palludevi II angeheuert hatte. Die NOORANAH war dorthin gegangen, um eine medizinische Station aufzubauen. Palludevi lag mitten im so genannten Brachland, was eine andere, lange, traurige Geschichte über korrupte Regierungen war und nicht hierhergehörte. Zu dem Zeitpunkt im Jahr 3038 war die NOORANAH schon einige Zeit dort. Fina war Offizierin der medizinischen Abteilung gewesen und sie und Jeff verstanden sich auf Anhieb gut. Sie fingen an, privat Dinge zu unternehmen, was auf Palludevi gar nicht so einfach war. Es gab dort nicht viel, auch wenn verschiedene Firmen anfingen, Niederlassungen in die Graslandschaft zu setzen. An ihrem dreißigsten Geburtstag hatten Jeff und sie sich getroffen und in sehr kleiner Runde gefeiert, so wie ihr das am liebsten war. Es war ein schöner Tag. Jeff ahnte allerdings nicht, dass es der letzte gewesen sein sollte.
Ein paar Tage später meldete sich Fina bei ihm. Die NOORANAH hatte einen Container mit Matrimoniumkristallen erhalten, aber irgendwas stimmte mit dem Behälter nicht. Er war nicht in den Frachtraum des Schiffes übernommen worden, denn er sollte nach einer kurzen Kontrolle direkt auf die Oberfläche von Palludevi weitergeleitet werden. Es gab allerdings massive Probleme. Der Container war an eine Außenbucht der NOORANAH angedockt worden, doch er ließ sich nicht zur Kontrolle öffnen. Er ließ sich aber auch nicht mehr aus der Andockbucht entfernen, denn irgendwie war das Metall des Containers verbogen.
Jeff blickte auf den Kontrollmonitor des Hauptfrachtraums. Er kratzte sich am Kinn.
„Siehst Du es?“, fragte Fina und blies sich eine ihrer blonden Locken aus dem Gesicht.
„Sieht so aus“, überlegte Jeff, „als seien die Kristalle ungleich verteilt. Irgendwas muss den Container ordentlich durchgeschüttelt haben.“
„So weit sind wir auch“, sagte sie. „Das ruft doch nach einem Weltraumspaziergang, oder?“
„Tut es“, stellte Holland fest. „Und deswegen hast Du mich hergerufen?“
„Ja“, grinste sie. „Du hast mir erzählt, dass Du solche Missionen schon gemacht hast und gern mal wieder im Weltraum arbeiten würdest. Da hab ich gedacht, ich fordere Dich mal an.“
„Wann habe ich Dir das denn erzählt?“
„Bei unserem vorletzten Treffen, als wir spätabends den Sternenhimmel von Palludevi betrachtet haben.“ Sie ging mit dem Kopf nah an seinen heran. „Müssen wir übrigens wieder mal machen“, flüsterte sie und fuhr in normaler Lautstärke fort: „Ehm, ja, wir müssen also im Raumanzug auf die Außenhülle der NOORANAH und sehen, ob wir den Container dort entriegeln können. Ich habe das ‚Go‘ von Commander Orikan, sowohl für die Mission als auch für eventuell notwendige Maßnahmen.“
„Du hast ihr hoffentlich erzählt, dass das unter Umständen bedeuten kann, die Matrimoniumkristalle ins Weltall zu entlassen.“
„Ja, habe ich. Sie bestand darauf, noch einen Offizier mitzunehmen.“ Sie drehte sich um und rief in den hinteren Bereich des Frachtraums: „Commander?“
Ein Mann von ungefähr vierzig Jahren mit blasser Haut und kurzen Haaren kam zu den beiden.
„Jeff“, stellte Fina vor, „das ist Lieutenant Commander Colligazio, einer der Techniker.“
„Nennen Sie mich Friedmann!“, sagte er. Er und Jeff schüttelten die Hände zur Begrüßung. „Ich soll mit raus und dafür sorgen, dass wir das störrische Ding aufkriegen.“
Die Vorbereitung brauchte etwas Zeit. Die drei zogen Raumanzüge an und gingen dann zu einer Luftschleuse raus auf die Außenhülle der NOORANAH. Sie waren ganz in der Nähe der äußeren Andockbuchten. Sie hakten sich jeder mit einem Sicherungsseil an einer Führungsstange ein und aktivierten die Magnetstiefel. Dann konnten Sie auf der Oberfläche des Raumschiffs laufen, bis sie den Container erreicht hatten.
„Oh je“, hörte man Colligazio über den Funk, „der sieht ja wirklich übel aus. Kein Wunder, dass da nichts mehr geht.“
Der Container war verbeult. Jeff machte das stutzig. Es sah aus, als hätte eine gewaltige Kraft von Innen gewirkt. Als hätte etwas sehr Kräftiges versucht, zu entkommen. Er öffnete eine Wartungsluke an der Bucht, um an ein Computerterminal zu kommen.
„Das haben wir vom Frachtraum aus nicht bemerkt“, murmelte er mehr, als dass er es sagte. „Wieso zeigen die Scanner nichts an? Es sieht so aus, als ob der Container noch unter Druck steht.“
„Wartet“, sagte Colligazio, „ich prüfe das nach.“
Er ging vorwärts, bis er den Container erreicht hatte. Dann zog er einen Handscanner heraus und überprüfte die Anzeigen. „Wird kein Druck angezeigt“, stellte er fest. „Ich vermute, dass irgendeine Reaktion stattgefunden hat, die jetzt beendet ist. Ich schau mir das mal aus der Nähe an.“
Er löste das Sicherungsseil, denn auf der Oberfläche des Containers gab es keine Sicherungsstangen. Aber die Magnetstiefel sollten ihn halten. Er trat nun auf den Container, auf dessen Vorderseite, die in den Weltraum gerichtet war. Hier befand sich in der Mitte eine Luke. Er ging bis zu dieser Luke, immer vorsichtig darauf achtend, dass mindestens einer seiner Magnetstiefel Kontakt mit dem Metall des Behälters hatte.
„Moment“, hörten Fina und Jeff ihn sagen, „jetzt habe ich eine…“
Sein Satz wurde von einem Schrei unterbrochen. Man konnte eine Entladung sehen, die durch Colligazio hindurchgegangen war. Mit einem plötzlichen Ruck löste er sich von der Oberfläche des Containers und hob ab, in Richtung freien Weltraum. Fina entriegelte die Rolle ihres Sicherungsseils, so dass sie mehr davon abrollen konnte.
„Ich versuche, ob ich ihn eingefangen kriege“, sagte sie, deaktivierte ihre Magnetstiefel und stieß sich ab.
„Was?“, entfuhr es Jeff, der viel zu perplex gewesen war, um schneller zu reagieren. Doch schon schwebte sie in Richtung des Commanders, der bewusstlos zu sein schien. „Fina!“ rief Jeff in den Funk. „Das ist zu gefährlich!“
„Ich fang ihn nur ein“, sagte sie ruhig, „dann rolle ich das Sicherheitsseil wieder ein und komme zurück. Wir können ihn nicht da hängenlassen.“
Jeff wollte noch irgendwas sagen, aber er wusste nicht was. Und dann hörte er das Signal. Das Computerterminal, an dem er eben gearbeitet hatte, gab einen Warnton von sich. Jeff sah auf die Anzeigen. Er fuhr herum und griff mit beiden Händen an Finas Sicherungsseil.
„Fina!“, schrie er. „Sofort zurück! Sofort zurück! Das ist ein…“
Was genau passiert war, hatte Jeff nicht sehen können. Es hatte einen gleißenden Lichtschein gegeben, der ihn blendete. Es dauerte lange, bis seine Augen sich wieder an normales Sehen gewöhnt hatte, doch da war schon die Schiffsärztin bei ihm und kleine Fähren kreisten über der Unglücksstelle. Während seine Sicht besser wurde, erkannte Jeff, dass Finas Sicherungsseil ins Nichts führte.
Captain Jonathan Bogenschütz
Jeff war nach all den Jahren immer noch sehr aufgewühlt. Die Geschichte ging ihm verständlicherweise nah. „Wie später festgestellt wurde, war offenbar Geröll zwischen die Matrimoniumkristalle geraten“, schloss er seinen Bericht. „Das hatte die erste heftige Reaktion ausgelöst, die den Container verbeult hat. Als Lieutenant Commander Colligazio mit seinen Magnetstiefeln auf dem Container herumlief, hat das Magnetfeld seiner Stiefel offenbar die zweite Reaktion ausgelöst. Der Container wurde aufgesprengt und die Energie der Kristalle entlud sich in einer gewaltigen Plasmasäule. Colligazio und Fina befanden sich im Bereich der Plasmasäule. Von ihnen wurden nur noch DNS-Spuren gefunden. Es war, als hätten sie vom einen zum anderen Moment aufgehört zu existieren.“ Er wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel.
„Wurden die Bestimmungen bezüglich Matrimoniumkristallen nicht verschärft nach dem Vorfall?“, fragte Bogenschütz.
„Eigentlich waren sie schon sehr streng“, antwortete Holland. „Aber der Transport sollte schnell gehen, da hat man ein paar Vorschriften großzügig ausgedehnt. Aber was hat die Geschichte mit irgendwas zu tun, außer dass es eine schmerzhafte Erinnerung für mich ist?“
„Nun, einer Ihrer Kumpel von Terra hat gestern etwas übertragen“, stellte Piquet fest. „Angesichts der besonderen Situation der Erde und allem hat Mac Simum sich ein paar Gedanken gemacht. Es war sehr erhebend. Und das hat mich darauf gebracht, dass wir auch für unsere Rekrutierungsabteilung ein neues Manifest brauchen, vor allem jetzt, da Yefimov nicht mehr da ist. Zufällig erinnerte ich mich, Commander, dass Sie mir mal von Fina erzählt haben. Und der Zufall wollte es so, dass es passt.“
„Und was heißt das genau?“, hakte Jeff nach.
Die Admiralin räusperte sich. „Captain Bogenschütz“, sagte sie feierlich, „mir ist von der Führungseben von ASTROCOHORS wegen der besonderen Situation ein besonderes Privileg überantwortet worden. Normalerweise wird man nicht von gleichrangingen in den Rang eines Admirals erhoben, aber da es eine besondere Situation ist, machen wir eine Ausnahme. Aufgrund der Ausnahme befördere ich Sie hiermit zum Admiral und zum Oberverantwortlichen für den ASTROCOHORS CLUB! Commander Jeff Holland wird als Zeuge der Beförderung benannt.“
„Ihre Aufgabe wird es von jetzt an sein, die Rekrutierungsabteilung zu leiten.“ Sie wandte sich an Holland. „Und im Gedenken an Lieutenant Serafina Branca werden wir in einer Stunde das neue Manifest veröffentlichen. Es wird eine Neustrukturierung des CLUBs geben und eine neue Vision.“
„Das klingt gut“, sagte Jeff. „Das hätte ihr sicher gefallen.“ Er seufzte. Er wünschte sich, sie wäre hier. An seiner Seite. Wer weiß, was gewesen wäre.
Aber jetzt ging es nicht um „was vielleicht gewesen wäre“. Es gab eine Gegenwart, der man sich stellen musste.
Die Luft im Pausenraum der ASTROCOHORS Solar Basis war schwer von einer Mischung aus Müdigkeit und Nachdenklichkeit. Durch die Fenster drang das gedämpfte Licht eines bewölkten Herbstnachmittags, und draußen schien die Welt endlich zur Ruhe gekommen zu sein, nachdem sie wochenlang von Naturkatastrophen heimgesucht worden war.
Mira Schneider saß auf einem der alten, aber bequemen Sofas und nippte an einer Tasse heißen Tees. Ihre Haare waren noch leicht feucht von der letzten Schicht, die sie draußen bei den Reparaturen an den Flutschutzanlagen verbracht hatte. Neben ihr saß Paul Richter, der müde auf einen Monitor starrte, auf dem Nachrichten aus aller Welt ausgestrahlt wurden.
Auch Anna Weidel und einige weitere Offiziere der Basis waren im Raum verteilt. Jeder war in Gedanken versunken, während die Nachrichten über die jüngsten politischen Entwicklungen auf der Erde liefen. Auf dem Bildschirm wurden Bilder von Demonstrationen, militärischen Aufmärschen und Reden neuer, zunehmend radikaler Regierungen gezeigt, die in den letzten Monaten in mehreren Ländern an die Macht gekommen waren.
„Es fühlt sich an, als würde die Welt jeden Tag ein Stück mehr auseinanderbrechen“, sagte Mira schließlich, ihre Stimme leise, aber klar. „Überall auf der Welt gewinnen extreme Gruppen an Einfluss, und die Menschen scheinen es entweder nicht zu bemerken oder es ist ihnen egal.“
Paul nickte langsam. „Ja, es ist, als ob die Lektionen der Vergangenheit völlig vergessen wurden. Statt sich auf die dringenden globalen Probleme wie den Klimawandel zu konzentrieren, wird wieder an alten Feindbildern festgehalten.“
Anna, die bislang still zugehört hatte, erhob sich und trat ans Fenster. Sie blickte hinaus auf die Bäume des Schwarzwalds, die sich im leichten Wind wiegten. „Es ist erschreckend, wie schnell sich das Blatt wenden kann“, sagte sie nachdenklich. „Einige dieser Regierungen haben schon damit begonnen, internationale Verträge zu brechen und ihre Militärs aufzurüsten. Das alles zu einer Zeit, wo wir uns eigentlich vereinen sollten, um den Planeten zu retten.“
Ein junger Offizier, der erst kürzlich zur Crew gestoßen war, meldete sich zögernd zu Wort. „Glaubt ihr, es gibt überhaupt noch Hoffnung? Ich meine, selbst hier in Europa, wo wir dachten, wir hätten aus der Geschichte gelernt, gibt es immer mehr Anzeichen von Radikalisierung.“
Anna drehte sich zu ihm um und lächelte schwach. „Ja, es ist schwer, optimistisch zu bleiben, wenn man all das sieht. Aber ich denke, wir dürfen nicht aufgeben. Gerade jetzt ist es wichtiger denn je, dass wir zusammenstehen – als Völker Europas und als Bewohner dieses Planeten.“
Mira lehnte sich zurück und starrte nachdenklich in ihre Teetasse. „Vielleicht müssen wir uns einfach daran erinnern, was uns verbindet. Die Menschheit hat schon Schlimmeres überstanden. Wir haben die Fähigkeit, Großes zu erreichen, wenn wir zusammenarbeiten. Schaut euch an, was wir hier tun. Diese Basis, ASTROCOHORS Solar, ist ein Symbol dafür, was möglich ist, wenn Menschen aus verschiedenen Ländern und Kulturen zusammenkommen.“
„Und es ist nicht alles verloren“, ergänzte Paul. „Es gibt immer noch viele Menschen, die für eine bessere Zukunft kämpfen. Menschen, die den Wert von Frieden, Zusammenarbeit und Nachhaltigkeit erkennen. Die sind vielleicht nicht so laut wie die Radikalen, aber sie sind da. Und sie werden weiterkämpfen.“
Einige der anderen Offiziere nickten zustimmend. Es herrschte eine stille Übereinkunft im Raum, dass sie Teil von etwas Größerem waren, einer Mission, die über ihre täglichen Aufgaben hinausging.
„Wir müssen die Hoffnung bewahren“, sagte Anna entschlossen. „Jeder von uns kann einen Unterschied machen. Und wenn wir uns nicht entmutigen lassen, wenn wir weiter unseren Beitrag leisten, dann gibt es immer noch eine Chance, dass wir das Blatt wenden können.“
Der Raum füllte sich mit einem Gefühl der Zuversicht, das, wenn auch vorsichtig, spürbar war. Die Stürme und Brände der vergangenen Wochen hatten ihnen viel abverlangt, aber sie hatten ihnen auch gezeigt, wie stark sie sein konnten, wenn sie zusammenarbeiteten.
„Lasst uns unsere Kräfte sammeln und weiterkämpfen“, sagte Mira schließlich. „Für die Zukunft der Erde und für alles, wofür wir hier stehen.“
Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen hoben die Offiziere ihre Tassen und stießen wortlos miteinander an. Sie wussten, dass der Weg vor ihnen steinig sein würde, aber sie waren bereit, ihn gemeinsam zu gehen. Es mochte eine Zeit der Unsicherheit sein, aber in diesem Moment, in diesem kleinen Pausenraum inmitten des Schwarzwaldes, war die Hoffnung auf eine bessere Zukunft lebendig.
Der Himmel hatte sich in eine düstere, brodelnde Masse verwandelt, die Blitze in unregelmäßigen Abständen auf den Schwarzwald herabzucken ließ. Ein unbarmherziger Sturm war über die Region gezogen, und die Wolken schienen ihren gesamten Zorn über der ASTROCOHORS Solar Basis auszuschütten. Das Donnern der Blitze wurde nur vom tosenden Regen übertroffen, der in Strömen auf die Erde niederprasselte.
Innerhalb der Basis herrschte hektische Betriebsamkeit. Alarmlichter blinkten rot, und die Lautsprecher gaben in regelmäßigen Abständen Warnmeldungen aus. Kommandantin Anna Weidel, die Feuerwehrkommandantin, stand zusammen mit den Technikern Mira Schneider und Paul Richter im Kontrollraum, während die Wassermassen drohten, das Gelände zu überfluten.
„Der Fluss ist schon über die Ufer getreten“, meldete einer der Offiziere am Monitor. „Die Wassersensoren zeigen, dass der Pegel weiter steigt. Wenn wir nichts unternehmen, wird das Wasser in weniger als einer Stunde die unteren Ebenen der Basis erreichen.“
„Verdammt“, fluchte Anna, die sich gerade erst von den Strapazen des Waldbrands erholt hatte. „Wir müssen die Schleusen schließen und die Pumpen aktivieren. Paul, kannst du das System hier überbrücken, um mehr Leistung herauszuholen?“
Paul nickte und eilte zu einem der Kontrollpulte, wo er begann, die Einstellungen der Pumpen zu optimieren. „Ich kann die Kapazität erhöhen, aber das wird nicht ausreichen, wenn der Pegel weiter steigt. Wir brauchen einen Plan B.“
Mira, die die letzten Wetterberichte auf einem anderen Monitor durchgesehen hatte, trat an die Gruppe heran. „Wir müssen das Wasser umleiten. Wenn wir es schaffen, den Flusslauf provisorisch zu ändern, könnten wir das Schlimmste abwenden.“
„Aber wie?“, fragte ein Offizier, der nervös auf den Bildschirm starrte, wo die Wassermassen in Echtzeit dargestellt wurden. „Wir haben keine Zeit, einen Damm zu bauen.“
Mira sah sich im Raum um und ihre Augen blieben auf den großen Frachtcontainern hängen, die am Rand des Basishofs gestapelt waren. „Diese Container“, sagte sie, „wir könnten sie als Barriere nutzen, um das Wasser umzuleiten. Es muss nicht perfekt sein, nur genug, um das Wasser vom Basiseingang wegzuführen.“
Anna dachte einen Moment nach und nickte dann entschlossen. „Das könnte funktionieren. Los, wir haben keine Zeit zu verlieren!“
Gemeinsam rannten sie hinaus in den peitschenden Regen. Der Wind heulte um die Gebäude, und die Sicht war durch den dichten Regen fast auf null reduziert. Trotzdem arbeiteten sie unermüdlich weiter. Paul und einige andere Offiziere begannen, die schweren Frachtcontainer mit einem Gabelstapler und purem Körpereinsatz zu bewegen, während Anna und Mira die besten Stellen für die provisorische Barriere identifizierten.
„Hier!“, rief Mira und deutete auf eine Stelle, wo das Wasser bereits über die Zufahrtsstraße floss. „Wenn wir die Container hier platzieren, können wir den Fluss seitlich ableiten, weg von der Basis.“
Der Plan war einfach, aber er musste schnell umgesetzt werden. Der Regen wurde immer stärker, und das Rauschen des Wassers war ohrenbetäubend. Die Feuerwehrleute und Techniker kämpften gegen die Naturgewalten an, ihre Kleidung durchnässt, ihre Hände von der Kälte taub. Doch sie ließen nicht nach.
Mit vereinten Kräften schoben sie die Container in Position und schichteten sie so auf, dass sie eine provisorische Mauer bildeten. Paul kletterte auf einen der Container und befestigte die oberen Schichten mit Stahlseilen, um sicherzustellen, dass sie dem Druck standhalten würden.
„Das muss reichen“, keuchte Paul, als er vom Container sprang. „Wir haben alles getan, was wir konnten.“
Anna nickte und sah besorgt zu, wie das Wasser gegen die Containerwand drückte. Die Barriere hielt – zumindest vorerst. Doch es war unklar, ob sie stark genug war, um den weiterhin steigenden Wassermassen standzuhalten.
„Jetzt bleibt uns nur noch, die Pumpen auf Hochtouren laufen zu lassen und zu hoffen, dass der Regen bald nachlässt“, sagte Anna und wischte sich das Wasser aus dem Gesicht. Ihre Erschöpfung war allen ins Gesicht geschrieben, doch es gab keinen Raum für Aufgeben.
Sie eilten zurück in die Basis, wo die Pumpen mit voller Leistung arbeiteten. Die Monitore zeigten, dass das Wasser bereits an mehreren Stellen gefährlich nahe an die unteren Ebenen herangekommen war. Doch die Barriere hielt das Schlimmste ab, und das Wasser, das noch eindrang, konnte von den Pumpen bewältigt werden.
Im Kontrollraum verfolgten sie gespannt die Pegelanzeigen, während die Zeit quälend langsam verstrich. Jede Minute fühlte sich wie eine Ewigkeit an, aber allmählich schien der Regen nachzulassen. Die Wasserstände stabilisierten sich und begannen schließlich, ganz allmählich, zu sinken.
„Wir haben es geschafft“, flüsterte Mira, als sie den Rückgang der Pegel bemerkte.
„Ja“, sagte Anna mit einem schwachen Lächeln, „aber das war knapp.“
Paul lehnte sich erschöpft gegen die Wand und ließ sich auf den Boden sinken. „Das war der Wahnsinn. Erst das Feuer, jetzt das Wasser… Was kommt als nächstes? Ein Erdbeben?“
Mira lachte leise und setzte sich neben ihn. „Ich hoffe, das bleibt uns erspart.“
Die Anspannung wich langsam aus ihren Körpern, und die Erschöpfung machte sich breit. Sie hatten die Basis gerettet, aber der Preis war hoch gewesen. Jeder von ihnen war bis an seine Grenzen gegangen, körperlich und geistig.
Anna sah aus dem Fenster auf den durchweichten Wald hinaus. Die Bäume standen unter dem Gewicht des Wassers schwer da, doch der Sturm hatte nachgelassen. Für heute waren sie sicher.
„Wir müssen die Schäden begutachten und die Barriere verstärken, falls der Regen wieder einsetzt“, sagte Anna schließlich. „Aber zuerst… sollten wir uns ausruhen.“
Die anderen nickten zustimmend. Sie hatten alles getan, was in ihrer Macht stand, um die Basis zu schützen. Und obwohl sie wüssten, dass die Herausforderungen nicht weniger werden würden, hatten sie zumindest heute bewiesen, dass sie ihnen gewachsen waren.
Der Sturm war vorüber, und während die Wolken langsam aufrissen und das Licht des frühen Morgens hindurchdrang, legte sich eine seltsame Ruhe über die ASTROCOHORS Solar Basis. Der Kampf gegen die Natur war vorüber – zumindest für den Moment.
Der Himmel über dem Schwarzwald war von einem unheilvollen, orangefarbenen Schimmer durchzogen. Aschepartikel schwebten in der Luft, und der beißende Geruch von verbranntem Holz drang durch die Atemmasken der Feuerwehrleute, die in einer Linie standen und ihre Schläuche auf die letzten Glutnester richteten. Es war das Ende eines langen, erbarmungslosen Sommers, und die Dürre hatte den Wald in eine einzige trockene Zündschnur verwandelt.
Das Feuer hatte seit Tagen gewütet, angefacht durch die anhaltende Trockenheit und die gelegentlichen heißen Winde, die aus dem Süden wehten. Die Flammen waren bis an den Rand der ASTROCOHORS Solar Basis vorgedrungen, bevor die Feuerwehr und die Techniker der Basis sie zurückdrängen konnten. Doch heute sollte es endlich enden.
Inmitten der Feuerwehrleute stand Kommandantin Anna Weidel, die ihre Crew durch die letzten schwierigen Stunden geführt hatte. Sie war eine erfahrene Brandbekämpferin, aber selbst sie war von der Heftigkeit dieses Feuers überrascht worden. Ihr Gesicht war rußverschmiert, und ihre Augen waren müde, aber entschlossen.
„Wir müssen die letzten Flammen löschen, bevor sie wieder auflodern“, rief sie ihren Leuten zu und deutete auf eine kleine Anhöhe, wo noch immer Flammenzungen an den Bäumen leckten. „Wenn wir das nicht in den nächsten Stunden schaffen, riskieren wir, dass der Wind das Feuer erneut entfacht.“
Ihr Team, erschöpft und verschwitzt, nickte stumm und setzte die Schläuche erneut an. Doch das Wasser reichte nicht aus, um die Flammen vollständig zu ersticken. Es war, als würde der Wald das Feuer tief in sich hineinsaugen und es immer wieder hervorbringen.
„Das Wasser allein wird nicht reichen“, murmelte einer der Feuerwehrleute. „Es verdampft, bevor es die Wurzeln erreicht.“
Anna dachte angestrengt nach, während sie die zischenden Flammen beobachtete. Plötzlich kam ihr eine Idee. „Wir brauchen eine Barriere“, sagte sie laut. „Etwas, das dem Feuer den Sauerstoff entzieht und die Wurzeln erreicht.“
„Aber wie?“, fragte einer der Männer. „Alles hier ist trocken, wir können doch nicht noch mehr abbrennen, um eine Brandschneise zu legen.“
Anna sah sich um und entdeckte am Rand eines kleinen Baches, der fast ausgetrocknet war, einen Haufen feuchten Lehm. „Den Lehm“, sagte sie und zeigte darauf. „Wir bedecken die Glutnester mit Lehm und ersticken das Feuer direkt an der Basis. Es wird die Hitze dämmen und verhindern, dass sich das Feuer weiter ausbreitet.“
Das Team zögerte kurz, dann machten sie sich an die Arbeit. Sie sammelten eilig den feuchten Lehm und warfen ihn auf die noch lodernden Stellen. Es war ein mühsamer Prozess, aber langsam, fast unmerklich, begannen die Flammen zu erlöschen.
Der Lehm legte sich wie eine schwere Decke über die Glut, und der Rauch wurde weniger. Die Feuerwehrleute schaufelten, gruben und schmierten, bis die letzten roten Glutpunkte unter einer dicken Lehmschicht verschwanden. Schweiß rann über ihre Gesichter, und ihre Muskeln schmerzten, aber sie arbeiteten unermüdlich weiter, getrieben von dem Willen, das Feuer endgültig zu besiegen.
Nach Stunden harter Arbeit trat endlich Stille ein. Der Wald, der vor kurzem noch von der Hitze und dem Knacken der Flammen erfüllt war, lag nun still und rauchte. Die Feuerwehrleute standen keuchend da, zu erschöpft, um zu jubeln, aber in ihren Augen lag Erleichterung.
Anna ließ sich auf einen Felsen sinken und zog ihre Maske ab. „Gute Arbeit, Leute“, sagte sie heiser. „Wir haben es geschafft. Die Basis ist sicher.“
Ein junger Feuerwehrmann, der neben ihr saß, ließ seinen Kopf in den Nacken fallen und schloss die Augen. „Ich glaube, ich werde nie wieder so heiß duschen können, ohne an dieses Feuer zu denken.“
Anna lachte kurz auf, aber auch sie fühlte die Erschöpfung in jeder Faser ihres Körpers. „Wir haben uns die Pause verdient. Morgen wird der Waldbrand offiziell für gelöscht erklärt, aber heute… heute ruhen wir.“
Die Sonne begann am Horizont zu sinken, und die Temperaturen fielen langsam, aber die Hitze der vergangenen Tage hing immer noch in der Luft. Die Feuerwehrleute setzten sich in kleinen Gruppen zusammen, tranken Wasser und teilten Proviant, während sie in die Ferne starrten, wo der Wald in dichten Nebel gehüllt war.
„Es ist verrückt“, sagte einer der älteren Feuerwehrmänner schließlich und brach das Schweigen. „Dass wir jetzt jedes Jahr mit solchen Bränden rechnen müssen. Der Schwarzwald war früher so kühl und feucht…“
Anna nickte. „Ja, das ist er nicht mehr. Die Welt verändert sich, und wir müssen uns mit ihr verändern. Aber zumindest heute… heute haben wir gewonnen.“
Die letzten Sonnenstrahlen tauchten den Wald in ein warmes, goldenes Licht. Für einen Moment war die Szenerie fast friedlich, als ob der Wald selbst eine Pause einlegte, um sich zu erholen. Aber Anna wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis der nächste Brand ausbrach – hier oder anderswo. Doch für diesen Moment zählte nur, dass sie und ihr Team erfolgreich gewesen waren.
Mit dieser Erkenntnis lehnte sich Anna zurück und ließ sich von der Müdigkeit übermannen, während der Wald langsam zur Ruhe kam, eingehüllt in die lehmige Stille eines harten, aber gewonnenen Kampfes.
Die Sonne brannte erbarmungslos über den dichten Wäldern des Schwarzwaldes. Selbst hier, in einem der kältesten und waldreichsten Teile Deutschlands, war die Temperatur auf ein unangenehmes Niveau angestiegen. Die Bäume standen still, kein Lüftchen wehte, als hätte die Natur selbst den Atem angehalten. Auf dem Gelände der ASTROCOHORS Solar Basis schimmerte der Asphalt vor Hitze, und selbst die allgegenwärtigen Nadelbäume schienen ihre Nadeln hängen zu lassen.
In einem der unterirdischen Wartungsschächte der Basis kniete die Technikerin Mira Schneider vor einem alten Klimagerät. Ihre Stirn war von Schweißperlen bedeckt, und ihr blondes Haar klebte an ihrem Gesicht. Neben ihr lag eine Vielzahl von Werkzeugen verstreut, während sie versuchte, den alten Ventilator wieder zum Laufen zu bringen. Ihr Kollege, Paul „Paule“ Richter, stand neben ihr und wischte sich mit einem schmutzigen Lappen den Nacken ab.
„Das ist doch unglaublich“, murmelte Mira, während sie ein rostiges Schraubgewinde lockerte. „Wir sitzen hier in einer Hightech-Basis, die für interplanetare Missionen gebaut wurde, und müssen uns mit Klimaanlagen herumschlagen, die aussehen, als kämen sie direkt aus den Achtzigern.“
Paul lachte trocken. „Tja, das Budget fließt wohl eher in Raketen als in Raumklima. Immerhin, wer braucht schon frische Luft, wenn man den Mars erreichen kann?“ Er schüttelte den Kopf und kramte in seiner Werkzeugtasche.
„Es ist ja nicht so, als hätten wir diesen heißen Sommer nicht kommen sehen“, sagte Mira und richtete sich kurz auf, um ihren schmerzenden Rücken zu strecken. „Die Wissenschaftler warnen seit Jahrzehnten vor dem Klimawandel, aber nein, wir haben ja Wichtigeres zu tun, wie zum Beispiel…“ Sie imitierte mit sarkastischem Unterton: „Auf X mit Musk und Trump zu diskutieren.“
Paul prustete los. „Hast du das Gespräch gesehen? Diese beiden… Ich frage mich wirklich, ob sie das mit Absicht machen oder ob sie einfach so… unfassbar dämlich sind.“
„Oh ja, habe ich“, erwiderte Mira, während sie weiter an der Klimaanlage arbeitete. „Musk hat Trump ernsthaft gefragt, ob er die NASA übernehmen will, weil er angeblich die ‚größte Weltraumbehörde aller Zeiten‘ aufbauen könnte. Als ob wir das brauchen, nachdem er den öffentlichen Diskurs auf X zu einem Haufen Hetze und Unsinn gemacht hat.“
Paul nickte zustimmend. „Das Ganze ist ein Desaster. Es ist wirklich erschreckend, wie sehr sich Menschen von diesen Typen beeinflussen lassen. Wir könnten uns um echte Probleme kümmern, aber stattdessen fluten die Leute die sozialen Medien mit Memes und Unsinn.“
Mira seufzte und drehte den letzten Bolzen fest. „Ich frage mich manchmal, ob die Menschheit überhaupt noch zu retten ist. Wir haben die Technologie, um interplanetare Reisen zu ermöglichen, aber gleichzeitig ignorieren wir die Schäden, die wir unserem eigenen Planeten zufügen. Es ist, als ob wir den Ast absägen, auf dem wir sitzen.“
Paul holte einen neuen Filter aus seiner Tasche und übergab ihn Mira. „Und das Schlimmste daran ist, dass viele Menschen einfach aufgeben. Sie denken, es ist zu spät, oder sie glauben einfach nicht daran. Wie oft habe ich schon gehört, dass das alles nur Panikmache sei…“
Mira setzte den neuen Filter ein und schraubte die Abdeckung der Klimaanlage wieder zu. „Ich weiß, was du meinst. Aber wir dürfen nicht aufgeben. Irgendjemand muss sich schließlich um diese alten Kisten kümmern, damit wir hier unten nicht vor Hitze kollabieren.“
Paul lachte. „Ja, und wenn wir das nicht schaffen, können wir vielleicht Trump fragen, ob er uns einen Platz in seinem Space Force One Shuttle reserviert. Da gibt es bestimmt eine ordentliche Klimaanlage.“
Mira schloss den Werkzeugkasten und stand auf. „Vielleicht. Aber bis dahin sorge ich lieber dafür, dass diese Basis hier weiterhin funktionsfähig bleibt. Wenn die Welt draußen schon dem Bach runtergeht, müssen wir wenigstens hier drin kühlen Kopf bewahren.“
Paul nickte ernst und reichte Mira eine Wasserflasche. „Du hast recht. Hier drin müssen wir uns um unser eigenes kleines Universum kümmern. Und vielleicht, nur vielleicht, können wir mit unserer Arbeit einen kleinen Beitrag leisten, um das größere Bild zu verbessern.“
Die beiden Techniker stiegen aus dem Wartungsschacht und spürten, wie ihnen die frischere Luft aus der gerade reparierten Klimaanlage entgegenblies. Es war keine dramatische Veränderung, aber es war ein kleiner Sieg inmitten eines schwelenden, überhitzten Planeten.
„Ein kleiner Schritt für uns“, murmelte Mira und lächelte.
„Aber ein großer Schritt für unsere Schwitzerei“, ergänzte Paul grinsend. Zusammen machten sie sich auf den Weg zurück zur Leitstelle, bereit, sich den nächsten Herausforderungen zu stellen – sowohl im Inneren der Basis als auch außerhalb, in einer Welt, die mehr als je zuvor dringend abkühlen musste.
Mitternacht umgab mich schaurig, als ich einsam, trüb und traurig, Sinnend saß und las von mancher längst verklung’nen Mähr’ und Lehr’ – Als ich schon mit matten Blicken im Begriff, in Schlaf zu nicken, Hörte plötzlich ich ein Ticken an die Zimmertüre her; „Ein Besuch wohl noch,“ so dacht’ ich, „den der Zufall führet her – Ein Besuch und sonst Nichts mehr.“
Wohl hab’ ich’s im Sinn behalten, im Oktober war’s, im kalten, Und gespenstige Gestalten warf des Feuers Schein umher. Sehnlich wünscht’ ich mir den Morgen, keine Lind’rung war zu borgen Aus den Büchern für die Sorgen – für die Sorgen tief und schwer Um die Sel’ge, die Lenoren nennt der Engel heilig Heer – Hier, ach, nennt sie Niemand mehr!
Jedes Rauschen der Gardinen, die mir wie Gespenster schienen, Füllte nun mein Herz mit Schrecken – Schrecken nie gefühlt vorher; Wie es bebte, wie es zagte, bis ich endlich wieder sagte: „Ein Besuch wohl, der es wagte, in der Nacht zu kommen her – Ein Besuch, der spät es wagte, in der Nacht zu kommen her; Dies allein und sonst Nichts mehr.“
Und ermannt nach diesen Worten öffnete ich stracks die Pforten: „Dame oder Herr,“ so sprach ich, „bitte um Verzeihung sehr! Doch ich war mit matten Blicken im Begriff, in Schlaf zu nicken, Und so leis scholl Euer Ticken an die Zimmertüre her, Dass ich kaum es recht vernommen; doch nun seid willkommen sehr!“ – Dunkel da und sonst Nichts mehr.
Düster in das Dunkel schauend stand ich lange starr und grauend, Träume träumend, die hienieden nie ein Mensch geträumt vorher; Zweifel schwarz den Sinn betörte, Nichts die Stille draußen störte, Nur das eine Wort man hörte, nur „Lenore?“ klang es her; Selber haucht’ ich’s, und „Lenore!“ trug das Echo trauernd her – Einzig dies und sonst Nichts mehr.
Als ich nun mit tiefem Bangen wieder in’s Gemach gegangen, Hört’ ich bald ein neues Pochen, etwas lauter als vorher. „Sicher,“ sprach ich da mit Beben, „an das Fenster pocht’ es eben, Nun wohlan, so laß mich streben, dass ich mir das Ding erklär’ – Still, mein Herz, dass ich mit Ruhe dies Geheimnis mir erklär’ Wohl der Wind und sonst Nichts mehr.“
Riss jetzt das Fenster auf, und herein stolziert’ – o Wunder! Ein gewalt’ger, hochbejahrter Rabe schwirrend zu mir her; Flog mit mächt’gen Flügelstreichen, ohne Gruß und Dankeszeichen, Stolz und stattlich sonder Gleichen, nach der Türe hoch und her – Flog nach einer Pallasbüste ob der Türe hoch und her – Setzte sich und sonst Nichts mehr.
Und trotz meiner Trauer brachte er dahin mich, dass ich lachte, So gesetzt und gravitätisch herrscht’ auf meiner Büste er. „Ob auch alt und nah dem Grabe,“ sprach ich, „bist kein feiger Knabe, Grimmer, glatt geschor’ner Rabe, der Du kamst vom Schattenheer – Sprich, welch’ stolzen Namen führst Du in der Nacht pluton’schem Heer?“ Sprach der Rabe: „Nimmermehr.“
Ganz erstaunt war ich, zu hören dies Geschöpf mich so belehren, Schien auch wenig Sinn zu liegen in dem Wort bedeutungsleer; Denn wohl Keiner könnte sagen, dass ihm je in seinen Tagen Sonder Zier und sonder Zagen so ein Tier erschienen wär’, Das auf seiner Marmorbüste ob der Tür gesessen wär’ Mit dem Namen „Nimmermehr.“
Dieses Wort nur sprach der Rabe dumpf und hohl, wie aus dem Grabe, Als ob seine ganze Seele in dem einen Worte wär’. Weiter Nichts ward dann gesprochen, nur mein Herz noch hört’ ich pochen, Bis das Schweigen ich gebrochen: „Andre Freunde floh’n seither – Morgen wird auch er mich fliehen, wie die Hoffnung floh seither.“ Sprach der Rabe: „Nimmermehr!“
Immer höher stieg mein Staunen bei des Raben dunklem Raunen, Doch ich dachte: „Ohne Zweifel weiß er dies und sonst Nichts mehr; Hat’s von seinem armen Meister, dem des Unglücks finstre Geister Drohten dreist und drohten dreister, bis er trüb und trauerschwer – Bis ihm schwand der Hoffnung Schimmer, und er fortan seufzte schwer: ‚O nimmer – nimmermehr!‘“
Trotz der Trauer wieder brachte er dahin mich, dass ich lachte; Einen Armstuhl endlich rollte ich zu Tür und Vogel her. In den sammt’nen Kissen liegend, in die Hand die Wange schmiegend, Sann ich, hin und her mich wiegend, was des Wortes Deutung wär’ – Was der grimme, finst’re Vogel aus dem nächt’gen Schattenheer Wollt’ mit seinem „Nimmermehr.“
Dieses saß ich still ermessend, doch des Vogels nicht vergessend, Dessen Feueraugen jetzt mir das Herz beklemmten sehr; Und mit schmerzlichen Gefühlen ließ mein Haupt ich lange wühlen In den veilchenfarb’nen Pfühlen, überstrahlt vom Lichte hehr – Ach, in diesen sammtnen Pfühlen, überstrahlt vom Lichte hehr – Ruhet sie jetzt nimmermehr!
Und ich wähnte, durch die Lüfte wallten süße Weihrauchdüfte, Ausgestreut durch unsichtbare Seraphshände um mich her. „Lethe,“ rief ich, „süße Spende schickt Dir Gott durch Engelshände, Dass sich von Lenoren wende Deine Trauer tief und schwer! Nimm, o nimm die süße Spende und vergiss der Trauer schwer!“ Sprach der Rabe: „Nimmermehr!“
„Gramprophet!“ rief ich voll Zweifel, „ob Du Vogel oder Teufel! Ob die Hölle Dich mir sandte, ob der Sturm Dich wehte her! Du, der von des Orkus Strande – Du, der von dem Schreckenlande Sich zu mir, dem Trüben, wandte – künde mir mein heiß Begehr: Find’ ich Balsam noch in Gilead! ist noch Trost im Gnadenmeer?“ Sprach der Rabe: „Nimmermehr!“
„Gramprophet!“ rief ich voll Zweifel, „ob Du Vogel oder Teufel! Bei dem ew’gen Himmel droben, bei dem Gott, den ich verehr’ – Künde mir, ob ich Lenoren, die hienieden ich verloren, Wieder find’ an Edens Toren – sie, die thront im Engelsheer – Jene Sel’ge, die Lenoren nennt der Engel heilig Heer!“ Sprach der Rabe: „Nimmermehr!“
„Sei dies Wort das Trennungszeichen! Vogel, Dämon, Du musst weichen! Fleuch zurück zum Sturmesgrauen, oder zum pluton’schen Heer! Keine Feder lass zurücke mir als Zeichen Deiner Tücke; Lass allein mich dem Geschicke – wage nie Dich wieder her! Fort und lass mein Herz in Frieden, das gepeinigt Du so sehr!“ Sprach der Rabe: „Nimmermehr!“
Und der Rabe weichet nimmer – sitzt noch immer, sitzt noch immer Auf der blassen Pallasbüste ob der Türe hoch und her; Sitzt mit geisterhaftem Munkeln, seine Feueraugen funkeln Gar dämonisch aus dem dunkeln, düstern Schatten um ihn her; Und mein Geist wird aus dem Schatten, den er breitet um mich her, Sich erheben – nimmermehr!1
Bild: Storyblocks
„Ha!“
Jack T. Greeley fuhr auf. Es dauerte einen Moment, bis er sich vollends orientiert hatte. Das Wohnzimmer im Hauptquartier. Er war im Wohnzimmer im Hauptquartier. Er musste wohl eingeschlafen sein, als er sich überlegte, ob er noch ein Video anschauen sollte. Kein Wunder. Die letzten paar Monate waren für niemandem vom Team freundlich gewesen, für ihn auch nicht. Es passierte ihm jetzt häufiger, dass er im Sitzen einschlief. Aber dieser Traum? „Der Rabe“, allen Ernstes? War das eine Reaktion seines Unterbewusstseins? Lag es an den Gedanken, die er sich gemacht hatte an diesem Tag?
Er blickte sich um. Seine Notizen lagen noch auf dem Tisch. Anderen mochte es wie Gekritzel erscheinen. Aber es war der Versuch, seine Gedanken zu Papier zu bringen. Denn er fand, dass etwas geschehen musste. Jack hatte da auch eine Idee. Er war sich aber nicht sicher, was die anderen davon halten würden. Er schob die Papiere zusammen und machte einen Stapel.
Vielleicht wird die Zeit für diese Idee noch kommen, dachte er.
Gedicht: Der Rabe (Edgar Allan Poe 1845; Übersetzung 1869: Carl Theodor Eben) ↩︎
Zach Urity stürmte in die Computerzentrale der Abteilung 2 der BASIS ATLANTIS und wirkte relativ aufgeregt. Max Tronic blickte nur kurz von seinem Bildschirm hoch. In letzter Zeit war so viel passiert, da brachte der Computertechniker einfach nicht mehr die Energie auf, sich selbst aufzuregen, nur weil Zach sich aufregte. Er wartete lieber ab, ob sich das lohnte. Dann konnte er sich noch immer aufregen.
„Hast Du das Neueste gehört?“, wollte Zach wissen. „Soylent Green ist Menschenfleisch?“, gab Max zurück. „Was? Nein – das neue unterirdische Gebäude, weißt Du, was das ist?“ „Nein, aber so wie Du klingst, wirst Du mir das sicher gleich sagen.“ „Hast Du schon mal was vom ASTROCOHORS CLUB gehört?“ „Ja, das ist das Rekrutierungsprogramm für Terraner. Wurde allerdings aufgebaut, nachdem wir schon rekrutiert waren. War nicht unser Professor Hoaxley am Aufbau beteiligt?“ „Ja, richtig!“ Zach erhob den Finger. „Und weißt Du auch, wo der seinen Sitz hat?“ „Der Club? War das nicht in Island? Aber… der Club hat doch Niederlassungen überall auf der Welt, damit man immer vor Ort ist.“ „Jetzt nicht mehr!“ Max kräuselte die Stirn. „Nicht mehr? Was ist los?“ „Sie ziehen alles zusammen“, antwortete Zach und deutete aus dem Fenster. Man konnte den Hügel sehen, in dem die neuen Anlagen untergebracht waren, an denen die letzten Wochen gearbeitet worden war. „Da drüber ist das neue Hauptquartier vom Club! Sie nennen es… Projekt Ypsilon.“ „Ypsilon?“ „ASTROCOHORS CLUB – Ypsilon, um genau zu sein.“ „Aber was steckt dahinter? Warum tun die das?“ „Genauso wie Stück für Stück die Basen rund um den Globus aufgelöst werden“, fuhr Max fort. „Alles wird hier zusammengezogen, die ATLANTIS und hier, das sollen die letzten Zufluchtsorte werden.“ „Warum ausgerechnet hier?“ Zach grinste. „Du bist doch sonst so schlau“, meinte er. „Denk mal nach…“ Max grübelte. Es dauerte einen Moment, doch dann kam ihm eine Erkenntnis. Er hatte da neulich eine Grafik gesehen. Eine Projektion des Klimawandels. „Du meinst, weil wir hier die Auswirkungen des Klimawandels hier nicht ganz so katastrophal sein werden“, sprach er es aus, „wie anderswo?“ „Das denke ich. Sie sagen es nicht, aber das liegt doch auf der Hand.“ Max tippte auf der Tastatur seines Computer herum. „Mal sehen“, brummte er vor sich hin. Er rief verschiedene Seiten auf, die die Abteilung 2 der ATLANTIS beschrieben. Schließlich stieß er auf das Projekt Ypsilon. „Ich muss Dir zustimmen“, sagte er dann, „es steht zwar nicht klar da, aber zwischen den Zeilen… hier… laut diesem Dokument soll das ominöse Projekt Ypsilon dafür sorgen, dass die Kräfte gebündelt werden, um den Gefahren, die uns im Moment drohen, entgegenzuwirken. Ich lese hier auch, dass es noch eine Außenabteilung gibt… ein Kloster in Portugal, das eine große Bibliothek beherbergt. Und ein Mitarbeiter des Clubs ist wohl gerade dort und durchforstet das Internet nach Menschen, die sich besonders engagieren, in gesellschaftlichen und kulturellen Dingen.“ „Das gefällt mir eigentlich nicht“, stellte Zach fest. „Warum?“, fragte Max. „Wenn die Leitung von ASTROCOHORS SOLAR beschlossen hat, alles zusammenzuziehen, dann haben sie doch schon aufgegeben, dass die Menschheit irgendwelche Ziele bei der Bekämpfung des Klimawandels erreicht. Es geht nur noch darum, einen guten Platz zu ergattern und sich einzuigeln. Ist Dir das nicht aufgefallen?“ „Was sollte mir aufgefallen sein?“ „Was hier sonst noch gebaut wurde! Die Zisternen, die Unmengen an Wasser speichern können, damit wir unabhängig bleiben. Das ganze Material, das uns pausenlos geliefert wird. Wir lagern Lebensmittel ein und produzieren unser eigenes Brot. Kontakt zur Außenwelt besteht eigentlich kaum noch.“ Max kratzte sich am Kopf. „Wenn ich ehrlich bin, muss ich sagen, dass ich das gut finde. Ich meine, die da draußen sind doch alle durchgeknallt. Reden davon, dass die Pandemie vorbei ist, dabei rollt gerade eine gewaltige Infektionswelle durch die Gesellschaft. Wie kurzsichtig kann man sein? Insofern gefällt es mir hier ganz gut.“ „Du kannst das einfach so sagen.“ „Was meinst Du?“ „Hast Du unsere Freunde in letzter Zeit mal beobachtet? Die wirken alle ziemlich niedergeschlagen. Sie waren zwar gut beschäftigt in letzter Zeit, weil es viel zu tun gab, aber glücklich sind sie nicht. Besonders Mac. Ich habe das Gefühl, er ist sehr einsam.“ „Hm“, machte Max, „aber vielleicht, wenn der Europa-Park wieder aufmacht, fühlt er sich besser. Warten wir mal ab.“ „Ich wünschte, ich hätte Dein Vertrauen in die Zukunft.“ „Wie sagt Goethe? ‚Ein Tag bringt den anderen, und beim Schicksal steht das Zukünftige.'“
Wie soll das nur funktionieren? Die Gedanken, die Max Tronic durch den Kopf schossen, waren nicht nur dunkel, sie waren mehr als dunkel. Die letzte Zeit war mehr passiert, als ihm lieb war. Der Konzern, dem das Areal rund um die zweite Abteilung der Bodenstation ATLANTIS gehörte, hatte ihnen drei Mal die Energie abgedreht, weil er neue Konditionen der Vermietung aushandeln wollte. Dabei war klar zu sehen, dass es nicht wirklich darum ging. Die Anlage aufrecht zu erhalten, war den Verantwortlichen einfach zu mühsam. Sie hofften, die merkwürdigen Mieter aus dem All auf diese Weise loszuwerden.
Das, so vermutete Max, war ein Grund, warum alles auf der Erde auf einen Punkt zurückgezogen wurde. Ein Hauptquartier, das war’s. Alle Abteilungen von ASTROCOHORS, die noch verblieben waren, sollten hier unterkommen. Irgendwann würde man auch die Abteilungen im Nebengebäude von HEXAPHYRON aufgeben. Oder aber dem Konzern abkaufen. Das würde der sich allerdings teuer bezahlen lassen.
Sie waren fleißig am Aufbauen. Die Anlage im Hügel unterhalb der Burg wurde runderneuert, konnte man beinahe sagen. Und der Datenverkehr nahm zu. War das eine gute Nachricht? Max wusste es nicht. Es hatte so gut angefangen. Lasst uns alle zusammenstehen, das war die letzte Parole, die das Sonnensystem noch von außen erreicht hatte. Doch nun war man wild entschlossen, etwas anderes zu tun. Denn Hilfe von außen konnte man in absehbarer Zeit nicht erwarten. Das Sonnensystem würde sich selbst helfen müssen. DAS SCHICKSAL DER ZUKUNFT stand auf dem Spiel…
Jeder, der den Mann sah, würde sich an ihn erinnern. Er war einer jener Männer, die neutral betrachtet drei Eigenschaften vereinten, eine gewisse körperliche Erscheinung, das Ausstrahlen von Ruhe und Selbstsicherheit und eine gewisse Anziehungskraft, die ein britischer Autor von Spionageromanen in den frühen 1960er Jahren gewisslich als „animalisch“ beschrieben hätte. Manche sagten auch „Charisma“ dazu. Nur durfte man nicht dem Irrtum verfallen, dass jemand, der diese drei – oder auch nur eine der drei – Eigenschaften sein Eigen nannte, damit automatisch eine sympathische oder gar gutherzige Person war. Im Gegenteil, die schlimmsten Personen der galaktischen Geschichte und der Geschichte des Sonnensystems vereinten diese Eigenschaften auf sich. Bei dem Mann war es nicht anders. Er übte eine gewisse Anziehungskraft aus und war auch ständig in den Medien präsent, denn er war reich. Sein Charakter jedoch war arm. Würde man Wohlstand in Charakter messen, so wäre es für den Mann noch zu luxuriös gewesen, unter der Brücke oder auf der Straße zu leben, wahrscheinlich hätte er sich in die Kanalisation zurückziehen müssen. Das Bild passt ganz gut, denn in der echten Welt fischte der Mann auch gerne in der Kloake, wenn es ihm nur zum Vorteil gereichte.
Der Name des Mannes war Er’odltag Mut’uar. Man sah es ihm nicht an, aber er war 51 Jahre vor den Ereignissen, von denen wir hier berichten wollen – oder besser gesagt, müssen – auf dem Mars geboren. Seine Mutter war Taaya Nokaor, eine Schauspielerin mit terranischen Wurzeln, die den Mars-Industriellen Vituus Mut’uar geheiratet hatte. Letzterer war ebenfalls terranisch-stämmig, was ihm eine besondere Rolle auf dem Mars verschaffte. Umso mehr, da er dadurch zur rechten Zeit am rechten Ort war, um sich in ein lukratives Geschäft einzukaufen, was ihm und seiner Familie einen gewissen Reichtum verschaffte. Sein Sohn besuchte die besten Schulen auf unterschiedlichen Planeten des Sonnensystems, bevor er schließlich auf dem Uranus landete. Der genaue Werdegang ist etwas unklar, da Er’odltag Mut’uar einen großen Aufwand betrieb, die Klarheit aus seiner Lebensgeschichte herauszuhalten, zumindest was die Außenwelt betraf. Lediglich auf seine Herkunft, den Mars, bildete er sich sehr viel ein, auch wenn das merkwürdig schien. Der Mars war eine unterdrückte Welt, und die Unterdrücker, das waren Leute wie Er’odltags Eltern. Kolonisten, keine Ureinwohner. Das war auch deutlich zu sehen, sowohl die Eltern als auch Er’odltag selber hatten den rosigen Hautton, den nur eine bestimmte Gruppe Terraner auf der Erde hatte. Die rostroten, sonnengewohnten Wüstenbewohner des Mars, die waren von den Kolonisten unterdrückt und ausgebeutet worden. Insofern war es eigentlich ein Witz, das Er’odltag sich als „stolzer Marsianer“ bezeichnete, wenn das genehm war.
Wie genau Er’odltags Werdegang war, wie genau er sich seine Fähigkeiten erwarb oder ob einiges davon Naturtalent war, ließ sich ebenfalls nicht eruieren. Er machte gerne ein Gewese darum, wenn er mit irgendetwas glänzen konnte und tat so, als sei er der Prinz des Universums, der gekommen sei, um alle zu regieren. Aber ein Talent musst er haben, denn er war schon früh zu einer interessanten Schlussfolgerung gekommen: der Zusammenbruch der galaktischen Feindschaft und die neue Ära, die begann, als er gerade mal Anfang zwanzig war, würde dazu führen, dass auch die Planeten des Sonnensystems näher zusammenrücken. Also traf er eine rasiermesserscharf abgewogene Entscheidung: Er würde sich auf das Sonnensystem konzentrieren. Er sah, dass viele Konzerne sich der Versuchung hingaben, möglichst weit in die Galaxis zu expandieren. Genau das würde er nicht tun. Erst, wenn ihm das Sonnensystem nichts mehr bieten würde. Des weiteren hatte er erkannt, dass in einem zusammenrückenden Sonnensystem schnelle und genaue Kommunikation der Schlüssel zur Macht war. Er war der Meinung, dass hinter jeder richtigen Entscheidung in der Geschichte der Planeten die Fähigkeit gelegen hatte, etwas vor allen anderen zu wissen, und dass dies auch die Quelle jeder großen Reputation war. Genau mit dieser Ansicht – und mit dem familiären Vermögen im Hintergrund – ging er hinaus in die Welten und schaffte es tatsächlich. Dabei gab es allerdings eine dunkle Seite, die Er’odltag Mut’uar nicht gerne preisgab. Ja, er verschaffte sich Informationen vor allen anderen. Aber diese Informationen waren manchmal auch von ihm fabriziert. Er erschlich sich Kredite bei unterschiedlichen Banken, indem er beide gegeneinander ausspielte, setzte Gerüchte in die Welt, um den Kaufpreis einer Firma in die Höhe zu treiben und schaffte vor allen Dingen eins: Sich ins Gespräch zu bringen. Im Verlauf der Zeit wurden die Transaktionen immer größer und das Vermögen von Mut’uar immer mehr.
Endlich schien der Moment gekommen zu sein, den über Jahrzehnte vorbereiteten Schritt zu gehen: In andere Systeme zu expandieren. Doch da kam ihm die Kristallsphäre dazwischen, die das Sonnensystem vom Rest der Galaxis abkoppelte. Nichtsdestotrotz wollte er das Ziel nicht aufgeben, hatte er doch erst einen Konzern gekauft, der im Bereich der Luft- und Raumfahrt forschte. Als er den Kampf sah, den die Raumflotte ASTROCOHORS im System auszutragen hatte, kam ihm eine Idee, die aber denjenigen, die es sehen wollten, offenbarte, was für ein Windbeutel er eigentlich war. Groß verkündete er, seine Ingenieure würden fieberhaft an einem Raumschiff forschen, das mit einer neuen Technik die Lichtmauer überwinden würde können, so dass man wieder die Verbindung zu anderen Sternsystemen aufnehmen könnte. Tatsächlich forschten die Ingenieure an einer solchen Möglichkeit, aber ein mögliches Resultat lag noch Jahre, wenn nicht Jahrzehnte in der Zukunft. Das konnte er gut, hohe Ziele ausgeben und andere dafür verantwortlich machen, wenn diese Ziele nicht erreicht wurden. Ein weiteres Ziel von ihm war es, die Raumflotte überflüssig zu machen. Warum sollte eine gemeinnützige Organisation dieses Geschäft übernehmen, wenn man doch eigentlich damit fette Gewinne einfahren könnte? Er verkündete, für das Sonnensystem die Organisation „Star Raiders“ zu gründen und mit Material und Möglichkeiten auszustatten. Das wurde mit Skepsis aufgenommen.
An diesem Abend saß Mut’uar in seinem großen Kontrollraum auf Uranus. Bildschirme um ihn herum. Und Bedienstete, die im Hintergrund warteten, irgendetwas tun zu können. Auf den Bildschirmen liefen Livestreams, die aktuelle Ereignisse zeigten. Auf einigen waren Personen zu sehen, die Mut’uar zu einer Videokonferenz eingeladen hatte. Er sah in viele Augen von unterschiedlichen Planeten. Mut’uars Augen waren dunkel und, genau wie die von Mussolini, vollkommen von weiß umgeben. Der puppenhafte Effekt dieser ungewöhnlichen Symmetrie wurde von langen seidigen Wimpern verstärkt. Der Blick dieser seltsamen Puppenaugen war entspannt, die Haut unter ihnen beinahe makellos. In dem großen, ausdruckslosen Gesicht unter dem braunen Kurzhaarschnitt gab es keinen Hinweis auf Ausschweifungen, Krankheiten oder Alter. Das gebieterische Kinn verriet Entschlusskraft und Unabhängigkeit. Sein Körper hingegen war nicht mehr so drahtig, wie er es früher gewesen war. Doch die merkwürdige Kleidung, die er trug, konnte das gut verbergen. Sie bestand aus rotem, samtigen Stoff und hatte goldene Schulterteile aus Metall. Genauso golden war der breite Gürtel, den er trug. Auch der runde Ausschnitt des Oberteils war von einem goldenen Metallring eingefasst. Seine Gestalt wirkte daher sehr wuchtig. Nichts an Mut’uar war klein.
Bei den Personen auf den Bildschirmen handelte es sich um Geschäftspartner. Sie waren es gewohnt zu warten und wussten, dass sie erst an der Reihe waren, nachdem der Boss gesprochen hatte. Und er sprach mit seiner gewohnt ruhigen Stimme. „Mir liegt ein Bericht über die große Sache, den Plan Omega vor, über den ich die Mitglieder informieren möchte.“ Mut’uar hielt sich niemals mit Einleitungen wie „Werte Kollegen“, „liebe Freunde“ oder dergleichen auf. Das war für ihn Firlefanz. Seine Kleidung und sein äußeres mochten das Bild von Großartigkeit transportieren, seine Art, Geschäfte abzuwickeln, war schlicht effektiv. „Wir können das Kommunikationssystem TANGI erhalten“, fuhr er fort, „allerdings leider zu einem höheren Preis, als ich gedacht habe.“ Zum ersten Mal in seinem Leben, so schien es, war seine Strategie nicht aufgegangen. Seine Informationen, die den Preis eigentlich hätten drücken sollen, haben nicht zum gewünschten Erfolg geführt. „Ich hoffe, Sie alle gehen trotzdem mit“, erklärte er, „denn nur so erreichen wir unser Ziel. Wer etwas dagegen hat, soll jetzt sprechen.“
Der Moment wirkte feierlicher, als er war. Es war keine traditionelle amerikanische Hochzeit, sondern eine feindliche Übernahme, die hier beschlossen wurde. Niemand sprach. Für Mut’uar war das Signal klar. „Ich habe es nicht anders erwartet“, erklärte er. „Moral und Anstand sind mir egal, aber Schwäche ist die Totenuhr unserer Gesamtstruktur. Also ist es beschlossen. Wir übernehmen das Kommunikationssystem und knüpfen Kontakte mit unseren potentiellen Kunden. Der ehemalige Prätor Scurra wird sicherlich interessiert sein, wie auch den Anführer von Anarthia. Oder vielleicht lassen die vereinigten Planeten was springen, um dem armen Ruvalara zu Hilfe zu eilen. Mal sehen. Wir werden TANGI übernehmen und uns den Preis von den Regierungen des Sonnensystems zurückzahlen lassen. Einverstanden?“ Mit stummen Gesten gaben die Gesichter auf den Monitoren ihr Einverständnis. Und so formlos wie sie begonnen hatte, endete die Besprechung. Mut’uar machte sich gleich daran, die nächsten Schritte zu planen. Er wusste, dass die Zeit günstig war. Der Krieg zwischen Anarthia und Ruvalara lenkte ab, genauso wie der Wunsch der Bewohner des Sonnensystems, einen ruhigen Jahreswechsel hinter sich zu bringen. Alles das war ihm gleich. Es war keine Plattitüde, als er gesagte hatte, dass ihm Moral und Anstand egal seien. Er wollte seinen Reichtum mehren und dabei gut aussehen. Er wusste, dass er unter den Bewohnern des Systems genügend Fans hatte. Lebewesen, die zu ihm aufsahen. Wenn er daran dachte, fühlte er sich mächtig. Eigentlich war er das ja auch, aber der Umstand, dass er sich durch solche Aktionen daran erinnern musste, zeigte, wie ohnmächtig er in Wahrheit war. Denn seine Macht war nach außen gerichtet, oberflächlich und spröde. Nach innen, dort wo Moral und Anstand sein sollten, war bei ihm nichts. Deswegen fühlte er sich leer, doch er wusste nicht warum. Wenn er nur geahnt hätte, dass sich die Lösung quasi vor seiner Nase befand.
Er tippte auf einer Tastatur herum. Die Transaktionen, die damit angestoßen wurden, waren in der Lage, jeden einzelnen Planeten des Sonnensystems ins Wanken zu bringen. Und Mut’uar fühlte dabei…
Ich schrecke hoch. Nicht so, wie man das aus Filmen kennt, wo ein Mensch aus der liegenden Position seinen Oberkörper in die Senkrechte schnellt und schwer atmet. Ich zucke zusammen und hebe immerhin den Kopf. Wo bin ich? Was war das, was ich da gerade erlebt habe?
Langsam dringt die Welt um mich herum auf mich ein. Ich liege auf einer flachen Matratze, gekleidet in einen Bademantel. Die Matratze gehört zu einer Liege, groß genug für zwei Personen. Über mir ist eine Art Betthimmel. Und genauso eine Liege mit Betthimmel steht direkt daneben. Menschen laufen umher. Und in etwa zwei Meter Entfernung ein Pool. Ich bin in der Therme. „Na, zum Glück bist Du aufgewacht“, sagt eine weibliche Stimme. Lana! Ich hebe den Kopf noch etwas weiter und sehe sie am Rand der liege sitzen. Auch sie trägt einen Bademantel. Aber… war da nicht…? Hat sie nicht…? Ich richte mich langsam auf. Ich bin verwirrt. Lana rutscht zurück, so dass sie jetzt neben mir sitzt. „Was hast Du nur geträumt?“, fragt sie. „Ich wollte Dich schon wecken. Schien nicht sehr angenehm zu sein.“ Ich reibe mir den Kopf. Ich bin noch immer verwirrt. „Warum? Wie… wie lange habe ich denn geschlafen?“ „Knapp zwanzig Minuten“, antwortet sie. „Du hast gesagt, Du wolltest nur ein bisschen die Augen zumachen – und Schwupps! Warst Du weg. Dann hast Du Dich hin und her gewälzt, wie in einem Alptraum.“ Ein Alptraum! Ja! Das war es! Das, was ich erlebt habe… ich kann es immer noch nicht fassen. Es war so real. Doch jetzt… „Erinnerst Du Dich noch an die Doku, die wir zusammen gesehen haben?“, will sie wissen. „Die mit der Traumforschung? Da gab’s doch diesen Tipp, wenn Dir etwas komisch vorkommt, mach einen Realitätscheck. So zum Beispiel.“ Lana hebt ihre Hände und drückt Zeige- und Ringfinger der einen in die Innenfläche der anderen Hand. Es passiert nichts außergewöhnliches. „Siehst Du, das sagt mir, ich bin wach“, erklärt sie. „Wäre das ein Traum, könnten meine Finger zum Beispiel durch die Handfläche hindurch gehen. Und wenn Du sowas merkst, weißt Du, dass Du träumst. Dann kannst Du aufwachen.“
Grafiken: Storyblocks
Wenn ich sie so reden höre, weiß ich, warum ich mich in sie verliebt habe. Ich habe eine Schwäche für Frauen, die was im Kopf haben. Noch dazu, wenn sie dieses Wissen so praktisch anwenden können. Doch die Traumbilder, obgleich sie bereits zu verblassen beginnen, fühlen sie immer noch grausam real an. Ich lege meine Arme um sie und drücke sie an mich. Ganz fest. Ich habe das Gefühl, als hätte ich das zehn Jahre lang nicht mehr getan. Sie erwidert meine Umarmung, merkt aber, dass etwas nicht stimmt. „Du meine Güte!“, höre ich sie sagen. „Was hast Du nur geträumt? War es so schlimm?“ Ich löse mich aus der Umarmung und sehe sie an. Sie lächelt. „Willst Du’s mir erzählen?“ Ich fange an, herumzustottern. „Ich… Wir… Du erinnerst Dich doch bestimmt noch, als Du damals diese Prüfung gemacht hast und ich Dir geholfen habe?“ Lanas Augen werden groß. „Beschäftigt Dich das immer noch?“, fragt sie, mit Entsetzen in der Stimme. Dann sprudelt es aus ihr heraus: „Hör mal, ich weiß, ich habe mich damals blöd verhalten. Ich war so fixiert auf das, was ich erreichen wollte, dass ich gar nicht auf das geachtet habe, was mit Dir passiert. Das war heftig. Aber wir haben es geschafft.“ Sie nimmt meine Hände in ihre. „Mir wurde klar, was ich Dir zugemutet habe. Wir haben die Kurve gekriegt, wenn auch im letzten Moment! Und jetzt… jetzt bin ich hier! Oh man, das tut mir so leid.“ Sie küsst mich. Auch hier kommt es mir so vor, als hätten wir uns zehn Jahre lang nicht mehr geküsst. Doch genau das war es ja, was ich gerade erlebt habe. „In diesem Alptraum“, erzähle ich, „war es anders.“ Sie schweigt und schaut mich an. Ihr Blick sieht aus, als sei sie den Tränen nah. „Ich war mit den Nerven runter, weil ich mich total verausgabt habe, Dir zu helfen“, berichte ich weiter. „Und Du hast dann gesagt, Du erkennst mich nicht wieder. Du kämest mit unseren Unterschieden nicht klar und dass Du unglücklich bist. Und dann bist Du gegangen.“ Zuerst schweigt sie. Doch dann kommt lautstarker Protest: „Nein! Nein, das bin ich nicht! Ich bin hier! Siehst Du? Ja, es war schwierig für mich. Aber ich habe nicht aufgegeben. Wer auch immer das in Deinem Traum war, das war nicht ich!“ Sie fährt mit den Fingern einer Hand zwischen die Finger meiner rechter Hand, so dass wir jetzt Händchen haltend auf der Liege sitzen. Ich muss lächeln und sehe, wie Lana zurück lächelt. Es ist immer immer noch unheimlich, wie der Alptraum nachwirkt, denn auch das ist ein Anblick, von dem ich das Gefühl habe, dass ich ihn eine sehr lange Zeit nicht gesehen habe. Aber was hatte sie gerade eben noch gesagt mit dem Realitätscheck? Ich sehe auf unsere Finger, die ineinander verschlungen sind. Ja, das ist echt, nicht so wie…
Moment!
Was ist das? Ich spüre ihre Hand in meiner nicht. Verzweifelt verstärke ich den Griff meiner Finger und sehe… wie diese durch die Haut von Lanas Handrücken hindurchgleiten, als… wäre sie nicht da. Ein schrecklicher Gedanke kommt mir, als mir klar wird, was das bedeutet.
Ich blicke auf. Lana lächelt noch immer. Ich sehe sie direkt an. Ein letztes Mal.
Dann…
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